Der letzte Wohnsitz soll maßgeblich für das Erbrecht werden
EU-Parlament billigt Erbrechtsverordnung
Von Dr. Burckhardt Löber und Dr. Alexander Steinmetz
Das Dasein des Menschen auf dem Planeten ist endlich. Die Erbfolge kann gesetzlich oder testamentarisch sein, je nachdem, ob der Erblasser eine letztwillige Verfügung getroffen oder dies unterlassen hat. Für beide Möglichkeiten gibt es Gesetze des jeweiligen Heimatstaates des Erblassers. Was gilt aber bei grenzüberschreitenden Erbfällen? Nach welchem Recht bestimmt sich die Erbfolge?
Ein Beispiel:
Ein deutscher Staatsangehöriger mit Grundbesitz in Deutschland und Spanien und einem Bankkonto in Luxemburg verstirbt an seinem letzten Wohnsitz in Marbella. Ein Testament oder ein Erbvertrag liegen weder in Spanien, Deutschland noch in Luxemburg vor. Wer sind die gesetzlichen Erben und wie erfolgt die Umschreibung in den verschiedenen Grundbüchern wie auch in Bezug auf das Bankkonto?
Mit dieser Thematik hatte sich das Europäische Parlament in der ersten Märzhälfte 2012 befasst und in dieser Sitzung die EU-Erbrechtsverordnung mit großer Mehrheit gebilligt. Diese geht jetzt an den Ratsvorsitzenden – gegenwärtig Dänemark. Stimmt der Rat zu, wird die EU-Erbrechtsverordnung Gesetz und ist in jedem Mitgliedstaat unmittelbar anwendbar. Mit dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ist im Jahr 2015 zu rechnen.
Die Einzelheiten:
1. Maßgeblich für das anwendbare Erbrecht ist der letzte Wohnsitz des Erblassers.
2. Der Erblasser hat jedoch das Recht, in einer letztwilligen Verfügung abweichend von der EU-Regelung sein Heimatrecht als das anwendbare Recht zu bestimmen.
3. Es findet keine Nachlassspaltung statt, das heißt, die Erbfolge ist einheitlich, egal, wo sich das Nachlassvermögen befindet; auch bewegliche Sachen und Immobilien unterliegen der gleichen Rechtsordnung.
4. Sämtliche Entscheidungen, die das nach der EU-Verordnung zuständige Gericht in Erbrechtsachen trifft, müssen von den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt werden.
5. Diese Anerkennungspflicht gilt auch für Urkunden von EU-Notaren.
6. Es wird ein europäischer Erbschein für diese grenzüberschreitenden Fälle eingeführt. Für diesen war das Muster der deutsche Erbschein. Mit dieser Urkunde kann die Umschreibung des Erblasservermögens in dem jeweiligen Mitgliedstaat auf den oder die Erben vorgenommen werden.
7. Großbritannien, Irland und Dänemark konnten sich mit der EU-Erbrechtsverordnung nicht anfreunden. Diese drei Staaten bleiben deshalb außen vor. Für sie gelten weiterhin allein die nationalen Regelungen.
Mit der vorliegenden Erbrechtsverordnung wird sich ab 2015 vieles ändern. Dies veranschaulicht der eingangs genannte Beispielsfall: Ein deutscher Staatsangehöriger wurde auch aus spanischer Sicht bislang ausschließlich nach deutschem Recht beerbt. Dies gilt sowohl für seine „Finca“ wie auch für seine Bankkonten in Spanien. Nach neuer Rechtslage wird auf den Wohnsitz abzustellen sein, so dass der in Marbella ansässige Deutsche nach Inkrafttreten der EU-Erbverordnung nach spanischem Recht beerbt werden wird; das heißt, auch die Erbsituation des deutschen Grundstücks als auch des Kontos in Luxemburg richtet sich künftig im Beispielsfall nach spanischem Recht.. Mit dem Erlass der Erbrechts-verordnung für grenzüberschreitende Erbfälle ist jetzt für jeden hiervon Betroffenen die Zeit gekommen, seine Erbsituation zu überdenken, besser noch, sie so zu gestalten, dass diese seinem „letzten Willen“ entspricht; dies sowohl in rechtlicher als auch in steuerlicher Hinsicht.
Der Beitrag der Autoren „EU-Erbrechtsverordnung: Voraussichtliche Rechtsänderung für den Erbfall von in Spanien ansässigen, deutschen Staatsangehörigen, ZEV 5/2010, S. 234 ff kann gegen eine Schutzgebühr von 5,- € angefordert werden bei Löber & Steinmetz Rechtsanwälte, Frankfurt am Main.
Frankfurt am Main, im März 2012