Problem: privatschriftlicher Immobilienkaufvertrag in Spanien ohne Eintragung im Grundbuch
Lösungsmöglichkeit: Ersitzung
In Spanien wird häufig vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages, der so genannten Escritura Pública de Compraventa, ein privatschriftlicher Vertrag abgeschlossen. Bereits der privatschriftliche Kaufvertrag kann zum Übergang des Eigentums auf den Käufer führen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein rechtswirksamer schuldrechtlicher Vertrag, der so genannte título, vorliegt und eine Übergabe des Immobilienobjekts auf den Käufer erfolgt ist (so genannter modo). Die Übergabe kann auch durch Schlüsselübergabe als faktische Einräumung der Verfügungsmacht erfolgen.
Ungesicherte Rechtsstellung bei fehlender Grundbucheintragung
Nach spanischem Recht hat ein Käufer einer spanischen Immobilie, wenn er im Grundbuch (Registro de la Propiedad) nicht als Eigentümer eingetragen ist, keine unanfechtbare Position, denn das spanische Recht kennt den so genannten gutgläubigen Erwerb vom eingetragenen Eigentümer. Ein solcher liegt vor, wenn der eingetragene Eigentümer zugunsten eines Dritten, also z.B. durch Abschluss eines notariellen Kaufvertrages, über die Immobilie verfügt. Insoweit hat die spanische Aufsichtsbehörde für das Grundbuchwesen DGRN das nicht im Grundbuch eingetragene Eigentum als „kein wahres Eigentum“ bezeichnet (Beschluss vom 06.03.2012).
Vielen Käufern ist diese ungesicherte Eigentumssituation nicht bewusst und nicht bekannt. Sie wissen vielfach nicht, dass der Weg zur Eigentumseintragung im Grundbuch notwendigerweise über einen Kaufvertrag in notarieller Form erfolgen muss.
Häufig legte man auf der Käuferseite auch keinen Wert auf die Eintragung im Grundbuch, die u.a. mit Kosten für den Notar und das Grundbuchamt, die Gestoría wie auch mit Steuern verbunden ist, weil man an einen Weiterverkauf dachte und Geld sparen wollte. Es passierte in diesen Fällen des Öfteren, dass der Verkäufer vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages verstarb oder nicht mehr auffindbar war.
Problemlösung: Ersitzung (usucapión)
Glücklicherweise kennt die spanische Rechtsordnung in Fällen des langjährigen Eigenbesitzes die Möglichkeit des gutgläubigen Eigentumserwerbs durch Ersitzung. Nähere Einzelheiten finden sich in den Art. 1930 ff des spanischen Código Civil und in den Art. 35 und 36 des Hypothekengesetzes. Danach hat der Erwerber, auch wenn er bereits durch privatschriftlichen Kaufvertrag und Übergabe das Eigentum erworben hat, minutiös darzulegen und zu beweisen, dass er in offenkundiger, ungestörter und ununterbrochener Weise Eigenbesitzer der Immobilie ist. Weitere Voraussetzung ist ein gutgläubiger Eigenbesitz von 20 Jahren. Die Beweisführung erfolgt u.a. durch Bewirkung der Zahlung der Steuern und kommunalen Abgaben für die Immobilie wie auch durch Belege über Wasser- und Stromzahlung. Insbesondere muss der Erwerbstitel echt und wirksam sein (Art. 1953 C.C.) und die Zahlung des Kaufpreises muss belegt sein. In Fällen dieser Art, also per Ersitzung, geht der Weg zum im Grundbuch eingetragenen Eigentum nicht über den Notar, sondern über das Gericht 1. Instanz am Ort der Immobilie. Hierbei sind bei Klagerhebung alle erforderlichen Fakten und Beweisangebote dem Gericht vorzulegen.
Besser sind dagegen diejenigen Käufer gestellt, deren Partner des privatschriftlichen Kaufvertrages „greifbar“ sind. Sie können ihren Anspruch auf notarielle Formalisierung des Vertrags vom Verkäufer gem. Art. 1279 CC verlangen.
Wer als „Eigentümer“ einer spanischen Immobilie nicht als solcher im Grundbuch eingetragen ist, wird wohl kaum einen Käufer für seine Immobilie finden. Auch wer sein Objekt vererben will, sollte rechtzeitig das Notwendige in Gang setzen, um dem oder den Erben statt Verdruss Freude an seiner spanischen Immobilie zukommen zu lassen. Die Voraussetzungen und den Weg zum nicht mehr „hinkenden“ Eigentum, also Eigentum ohne Grundbucheintragung, haben wir aufgezeigt.
Frankfurt am Main, im November 2018
Rocío García Alcázar, Abogada
Dr. Alexander Steinmetz, Rechtsanwalt u. Abogado inscrito