Neuregelung der Steuern für Erbschaften und Schenkungen auf den Kanarischen Inseln, seit 01.01.2016

Beitrag zum Thema Immobilienrecht

Dass die Steuerschraube auch mal nach unten geht, ist ein Novum , insbesondere in Spanien. Ein Blick in das Kanarische Gesetzesblatt überzeugt jedoch, dass die Ausnahme stimmt. Es wird auch kein Unterschied mehr gemacht zwischen steuerlich in Spanien Ansässigen und solchen mit steuerlicher Ansässigkeit im EU-Ausland.
Aufgrund der gesetzgeberischen Maßnahme werden ab 1. Januar 2016 höhere steuerliche Vergünstigungen für Ehepartner und Abkömmlinge bei Erbschaften und Schenkungen gewährt. Die Steuerschuld in diesen Fällen wird um 99,9% abgesenkt. D. h. der glückliche Erbe oder Beschenkte dieses Personenkreises zahlt nur noch 0,1 % der allgemein geltenden Steuerschuld.

Das Kanarische Gesetz bestimmt für Erbschaften und Schenkungen wie auch für Lebensversicherungen für den o.g. Personenkreis folgendes:


1. Erbschaften mit Sterbetag ab dem 1. Januar 2016
Die Steuervergünstigungen gelten für Abkömmlinge, Adoptivkinder, Ehegatten, Voreltern und Adoptiveltern, also Angehörige der Gruppen I und II (Art. 20.2 des Spanischen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, 29/1987). Dies ergibt sich aus Art. 24-ter der gesetzlichen Neuregelung.

Beispiel  1:
Der deutsche Ehemann mit seiner in Güterstand der Gütertrennung lebenden Ehefrau ist Alleineigentümer einer Kanarenimmobilie mit Hausrat. Die Ehe ist kinderlos. Alleinerbin ist die Witwe.
Aufgrund obiger Tabelle beliefe sich die normale Steuerschuld auf eine Bemessungsgrundlage von
€ 398.777,54 auf € 80.655,08. Aufgrund der jetzt geltenden steuerlichen Vergünstigung in Höhe von 99,9 % beläuft sich die Steuerschuld der Witwe jetzt auf lediglich 80,66 €. Hinzu kommt allerdings die gemeindliche Wertzuwachssteuer (Plusvalia), deren Höhe abhängig ist von der Größe des Grundstücks, dem Steuersatz der Gemeinde und der Behaltensdauer.

Ist die Witwe in Deutschland steuerlich ansässig, ist der erbweise Erwerb auch dann dem zuständigen deutschen Finanzamt anzuzeigen, wenn wegen  des hohen steuerlichen Freibetrags für Ehegatten in Deutschland in Höhe von 500.000,- € mit einer Zusatzbesteuerung in Deutschland nicht  zu rechnen ist. Der deutsche Freibetrag kann freilich überschritten werden, wenn weitere Güter, gegebenenfalls außerhalb Spaniens, mitvererbt werden.

2. Schenkungen ab dem 1. Januar 2016
Bei Schenkungen des unter 1. genannten Personenkreises wird gleichfalls eine steuerliche Vergünstigung von 99,9 % gewährt. Hierbei besteht jedoch die Voraussetzung, dass die Schenkung in Form einer öffentlichen Urkunde (documento público) erfolgt. Allerdings darf in den vorangegangenen drei Jahren keine steuerlich begünstigte Schenkung stattgefunden haben. Üblicherweise erfolgt im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge unter dem Titel „Schenkung“ die unentgeltliche Vermögensübertragung auf den erblich berechtigten Personenkreis.


Beispiel 2:
Schenkerin einer Immobilie auf den Kanaren ist die Mutter zweier Kinder, jeweils deutsche Staatsangehörige. Bei einer steuerlichen Bemessungsgrundlage pro Kind in Höhe von 159.634,83 € würde sich aufgrund der früheren Regelung die Steuerschuld auf € 39.877,30 belaufen. Aufgrund der Neuregelung mit den vorgenannten Vergünstigungen im Eltern-Kind-Verhältnis mit einer Bonifikation von 99,9 % beträgt die Steuerschuld pro Kind lediglich 0,1 %, mithin 15,96 €. Allerdings sind die Kinder zusätzlich Steuerschuldner der gemeindlichen Wertzuwachssteuer (Plusvalia).

Die Witwe hat zudem in steuerlicher Hinsicht die Differenz zwischen dem Immobilienerwerb (Einstandspreis) und dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Schenkung mit 19 % im Rahmen der Einkommensteuer zu entrichten. Auch in diesem Fall besteht für die Kinder bei steuerlicher Ansässigkeit in Deutschland die Verpflichtung der Anzeige der Schenkung an das zuständige Finanzamt. Der steuerliche Freibetrag pro Kind in Deutschland beläuft sich auf € 400.00,-, so dass bei dieser Konstellation keine Steuer in Deutschland erfolgt. Gerade dann, wenn eine Immobilie seit Erwerb besonders an Wert hinzugewonnen hat, kann die Einkommensteuer des Schenkers eine relevante Größe ausmachen.

3. Auszahlung des spanischen Lebensversicherungsvertrages
Lebensversicherungen unterliegen wie andere unentgeltliche Zuwendungen der spanischen Schenkungssteuer. Dies ergibt sich aus Art. 3.1 c des Spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes. Eine sog. Formalisierung der Übertragung mittels öffentlicher Urkunde wird vom Gesetzgeber nicht verlangt. Es besteht beim spanischen Justizministerium ein Register für Lebensversicherungsverträge. Aufgrund einer  Anfrage und Übersendung der internationalen Sterbeurkunde erfährt der Begünstigte, ob und gegebenenfalls bei welcher Gesellschaft ein entsprechendes Vertragsverhältnis besteht.

Beispiel 3:
Ehemann  hat bei einer spanischen Versicherungsgesellschaft ein Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen. Bezugsberechtigt sind zu je 1/3 die Witwe und die beiden Kinder. Bei einer Bezugsberechtigung von je 1/3 und einer steuerlichen Bemessungsgrundlage von je 55.918,17 € beläuft sich aufgrund der allgemeinen Besteuerung die Steuerschuld auf je €  5.703,50. Aufgrund der steuerlichen Vergünstigungen für den vorgenannten Personenkreis (99,9 %) beträgt die Steuerschuld im vorliegenden Fall jeweils 0,1 %, mithin 0,57 €.

4. Letzter gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers
Aufgrund der EU-ErbVO bestimmt grundsätzlich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers das anwendbare Erbrecht. Dies gilt für Sterbefälle ab dem 17. August 2015. Der Erblasser darf jedoch in testamentarischer Form für sein Heimatrecht, also in den hier genannten Fällen, für das deutsche Erbrecht, optieren. Dies ändert allerdings für in Spanien belegene Vermögenswerte  nichts an der Besteuerung nach spanischem Steuerrecht (s.o.).

5. Wo befinden sich die Vorschriften?
Im Anhang zu der Monografie „Erben und Vererben in Spanien“ von Löber/Huzel befindet sich in deutscher Sprache sowohl das spanische Erbschaftsteuergesetz Nr. 29/1987 wie auch die EU-ErbVO Nr. 650/2012.
Dieser Titel enthält gleichfalls detaillierte Ausführungen über die deutsch-spanische Erbschaftssituation, Checklisten für Erblasser und Erben wie auch sonstige Muster. Der Titel ist in 5. Auflage 2015 erschienen und zum Preis von € 48,- zu beziehen über die Verlagsauslieferung der Edition für internationale Wirtschaft, W. Jenior, Marienstraße 5, 34117 Kassel, Tel. 0049-561-7391621 www.edition-spanien.de

5. Quintessenz
Die Maßnahme des Kanarischen Gesetzgebers ist zu begrüßen, was aber voraussichtlich zu einem tiefen Loch in der Finanzkasse führen wird. Erbschaften sind jetzt erst aufgrund der steuerlichen Vergünstigungen für engere Verwandte wie Ehepartner und Kinder erträglicher geworden. Das gleiche gilt für Schenkungen, so dass eine vorweggenommene Erbfolge, die bisher an hohen Schenkungsteuern des spanischen Fiskus zumeist nicht in Frage kam, jetzt ein wichtiges Thema geworden. Denn es gibt viele Interessenten in der Elterngeneration, die ihre Erbfolge rechtzeitig regeln wollen und nicht erst im Rahmen eines Testaments. Das Gesetz bietet hierfür günstige Perspektiven.


Frankfurt, im Januar 2016

Dr. Burckhardt Löber      Dr. Alexander Steinmetz, Mag. Iur.
Rechtsanwalt und Abogado     Rechtsanwalt und Abogado Inscrito

Die Autoren dieses Beitrags sind Mitglieder der Löber Steinmetz & García, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, Frankfurt am Main und Köln,
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