<p>Von Dr. Burckhardt Löber, Fernando Lozano und Dr. Alexander Steinmetz</p>
<p>Es herrscht vielerorts Unkenntnis, zumindest aber Unklarheit darüber, wie es sich mit der NIE, der spanischen Ausländerausweisnummer, und der so genannten „residencia fiscal“ verhält. Manche meinen, mit der NIE bereits die steuerliche Ansässigkeit in Spanien zu besitzen; andere wiederum sind der Ansicht, in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig zu sein, obwohl sie die überwiegende Zeit des Jahres in Spanien verbringen. Wir wollen versuchen, Licht in diese Grauzone zu bringen.</p>
<p>1. NIE</p>
<p>Die NIE ist die Ausländerausweisnummer, die „número de identificación para extranjeros“. Wer in Spanien unmittelbar oder mittelbar geschäftstätig werden will, benötigt die NIE (Art. 26 – 28 des Königlichen Dekrets 1065/2007). Die NIE ist beispielsweise notwendig</p>
<p>- zum Erwerb oder Verkauf einer Immobilie, hierbei insbesondere zur Eintragung ins Grundbuch</p>
<p>- zur Zulassung eines Kraftfahrzeugs</p>
<p>- zur Gründung einer Gesellschaft</p>
<p>- zum Betreiben eines Gewerbebetriebs</p>
<p>- zur Annahme einer Erbschaft in Spanien, hierbei insbesondere für die Steuerzahlung und Grundbucheintragung.</p>
<p>Die NIE kann in Spanien bei der Comisaría, also der Polizei, oder im Ausland bei dem für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen spanischen Generalkonsulat beantragt werden. (Art. 206 des Königlichen Dekrets 557/2011). Die Antragstellung ist neuerdings auch wieder über Bevollmächtigte zulässig.</p>
<p>Die Bestätigung über die erteilte NIE-Nummer wird auf einem weißen DIN A4-Blatt ausgestellt. Wer sich als in Spanien ansässiger EU-Bürger (residente) anmeldet, erhält hingegen eine grüne Bestätigung. Wer in Spanien seinen Hauptwohnsitz haben möchte, hat sich zusätzlich beim Meldeamt des Wohnorts anzumelden (sog. empadronamiento).</p>
<p>Für die steuerliche Anmeldung (sog. alta censal) muss die NIE auf Modelo 030 beim Finanzamt (AEAT) vorgelegt werden (Art. 20.1 des Königlichen Dekrets 1065/2007). Wer in Spanien steueransässig ist bzw. wird, hat die Anmeldung als residente durchzuführen, andernfalls als no-residente . Bei der Steueranmeldung erhält man die „etiquetas fiscales“, Strichcode-Aufkleber, die auf jeder Steuererklärung anzubringen sind, die nicht online abgegeben wird.</p>
<p>2. Residencia Fiscal in Spanien</p>
<p>Wo jemand steuerlich ansässig ist, ob zum Beispiel in Spanien oder in Deutschland, bestimmt sich nach dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen. Das modifizierte deutsch-spanische Doppelbesteuerungsabkommen, das per 01.01.2013 in Kraft treten soll, stellt bei Ansässigkeit in beiden Staaten auf die „ständige Wohnstätte“ ab. Danach gilt ein Steuerpflichtiger als in dem Staat ansässig, zu dem er die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen) (Artikel 4.2 DBA Deutschland/Spanien). Es gibt eine Menge weiterer Kriterien für die steuerliche Ansässigkeit, wonach in Zweifelsfällen die Staatsangehörigkeit maßgeblich sein kann. Durch rein formelle An- und Abmeldung lässt sich das Problem häufig nicht lösen, wie der Fall des spanischen Tennisstars Arantxa Sánchez Vicario zeigt.</p>
<p>Diese hatte sich zur Zeit ihrer großen Triumphe und der damit erzielten Einnahmen in Spanien ab- und in Andorra angemeldet. Als bekannte Persönlichkeit fiel sie nicht nur ihren Fans bei ihren überwiegenden Aufenthalten in Barcelona und Umgebung auf, sondern auch den für sie zuständigen Steuerinspektoren. Aufgrund vieler Indizien kamen die zuständigen spanischen Gerichte zu dem Ergebnis, dass sich ihr Lebensmittelpunkt in Spanien und nicht in Andorra befand. Folge: unbeschränkte Steuerpflicht von Frau Arantxa Sánchez Vicario in Spanien. Damit ist ihr Welteinkommen, also auch im Ausland errungene Preise, in Spanien zu besteuern. Seit der Wiedereinführung der Vermögensteuer in Spanien unterliegt für in Spanien Ansässige auch deren Weltvermögen der spanischen Besteuerung. Man muss sich also gar nicht der Prozedur der steuerlichen Anmeldung in Spanien unterziehen, um aus dem Blickwinkel der spanischen Steuerbehörden die so genannte residencia fiscal, also die steuerliche Ansässigkeit, in Spanien verpasst zu bekommen.</p>
<p>Ähnlich erging es dem portugiesischen Nobelpreisträger Saramago. Dieser besaß einen Residentenausweis für Lanzarote. Dort war er auch beim Einwohnermeldeamt angemeldet. Er erhielt auf seinem spanischen Bankkonto Einnahmen von spanischen Unternehmen. Aus seiner Autobiografie „Cuadernos de Lanzarote“ ließ sich entnehmen, dass der Dichter und Nobelpreisträger praktisch ausschließlich auf dieser spanischen Insel lebte. Die spanischen Gerichte stellten fest, dass er auf Lanzarote seinen Lebensmittelpunkt hatte und unterwarfen sein Welteinkommen der spanischen Besteuerung.</p>
<p>In diesem Zusammenhang ist die Bestimmung des Artikel 9 des spanischen Einkommensteuergesetzes (Gesetz 35/2006 vom 28.11.2006) wichtig, wonach vermutet wird, dass der Steuerpflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hat, wenn der nicht geschiedene oder getrennte Ehepartner wie auch die von ihm abhängigen minderjährigen Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien haben.</p>
<p>In der Quintessenz bedeutet dies, dass viele Ausländer in Spanien zwar weiterhin in Deutschland oder anderswo in ihren Heimatländern polizeilich und steuerlich gemeldet sich, tatsächlich aber der unbeschränkten spanischen Besteuerung unterliegen. Insoweit versucht der spanische Fiskus in letzter Zeit verstärkt, an die Steuern dieses Personenkreises heranzukommen.</p>
<p>3. Steuerliche Ansässigkeit in Deutschland</p>
<p>Wer in Deutschland seinen Hauptwohnsitz hat und seine Steueransässigkeit in Deutschland behalten möchte, muss alle Anmeldungen in Spanien als no-residente durchführen, um keine Probleme mit dem spanischen Finanzamt zu bekommen. Hinsichtlich seiner spanischen Vermögenswerte ist er in Spanien beschränkt steuerpflichtig, also auch beispielsweise hinsichtlich Selbstnutzung von Immobilien oder Mieteinnahmen, etc. Kommt es etwa zu Problemen mit der spanischen Finanzverwaltung, die den deutschen Steuerpflichtigen „vereinnahmen“ will, so kann eine Residenzbescheinigung des zuständigen deutschen Wohnsitzfinanzamtes helfen, in der bescheinigt wird, dass der Steuerpflichtige in Deutschland steuerlich veranlagt wird. Eine beglaubigte Übersetzung dieser Bescheinigung in die spanische Sprache ist gleichfalls erforderlich.</p>
<p>Für die Einkommensteuererklärung von Nichtresidenten ist das „Modelo 210“ zu verwenden. Sind no-residentes in Spanien aufgrund ihrer Vermögenssituation in Spanien vermögensteuerpflichtig, ist das Formular „Modelo 714“ für die Vermögensteuererklärung maßgeblich. Diese Steuererklärung kann nur online abgegeben werden.</p>
<p>4. Spanische Bankkonten: Steuerliche Aspekte</p>
<p>In Spanien Ansässige (residentes) wie auch Nichtansässige (no residentes) können in Spanien Bank- und Sparkassenkonten und auch Depots eröffnen. Hierbei handelt es sich häufig um laufende Konten (cuentas corrientes), um Sparkonten (cuentas de ahorro) wie auch um Festgeldkonten (cuentas a plazo fijo). Wertpapiere, also Aktien, Fondsanteile und festverzinslichen gehören ins Depot (depósito). Residenten benötigen zur Konteneröffnung die Ausländeridentifikationsnummer, die número de identificación de extranjeros, kurz NIE genannt. Die NIE ist der zuständigen Steuerbehörde mitzuteilen, damit diese zu steuerlichen Zwecken Verwendung finden kann, als NIF. Nicht Residenten haben die Möglichkeit, so genannte Nichtresidentenkonten bei spanischen Bankinstituten zu eröffnen. Wer aus spanischer Sicht im Ausland ansässig ist, muss dies alle zwei Jahre durch eine entsprechende Wohnsitzbescheinigung belegen.</p>
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<p>Besteuerung der Erträge</p>
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<p>Wer in Spanien ansässig ist, unterliegt hinsichtlich der Erträge aus Bankgeschäften der spanischen Einkommensbesteuerung (IRPF). Die Banken behalten den für die Steuer bestimmten Teil der Zinsen ein und teilen dies und den einbehaltenen Betrag gemeinsam mit der NIF des residenten Bankkunden der für diesen zuständigen spanischen Steuerbehörde mit.</p>
<p>Für den im Ausland Ansässigen gilt das Nicht-Residentensteuergesetz (Ley del Impuesto sobre la Renta de No-Residentes), kurz IRNR genannt. Sowohl die Europäische Richtlinie 2003/48/EG als auch der überwiegende Teil der Doppelbesteuerungsabkommen und auch das Nichtresidentensteuergesetz bestimmen, dass die Zinsen allein im steuerlichen Wohnsitzland des Konteninhabers besteuert werden.</p>
<p>Beispiel: Der in Deutschland ansässige Otto Müller hatte im Kalenderjahr 2011 bei einer spanischen Sparkasse Zinseinnahmen in Höhe von 10.000 €. Die Besteuerung nach dem noch geltenden deutsch-spanischen DBA von 1966 sieht wie folgt aus: Spanien: 0,-- €, wenn es sich um eine so genannte „cuenta de no residentes“ handelt. Deutschland: Besteuerung der in Spanien erzielten Zinsen je nach Steuerklasse des Kontoinhabers. Der deutsche Fiskus erfährt von der Existenz des spanischen Bankkontos und von den erzielten Zinseinnahmen durch Mitteilung des spanischen Staates.</p>
<p>Man sieht, dass trotz des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Spanien, wie auch mit anderen Staaten, Zweifelsfälle auftreten, die nicht immer zum Vorteil des Steuerpflichtigen ausgehen. Vielleicht helfen die vorstehenden Erläuterungen zu der spanischen Ausländerausweisnummer wie auch zu der so genannten „residencia fiscal“ dem Leser, anhand der aufgezeigten Kriterien seine Situation gegenüber der jeweiligen Finanzverwaltung richtig einzuschätzen und geltend zu machen. Gestaltungsmöglichkeiten können aufgrund vorangegangener individueller Beratung durchaus bestehen.</p>
<p>Frankfurt am Main, Valencia, im November 2012</p>