Das Modell der Stiftung von Todes wegen - Gedanken über eine sinnvolle Testamentsgestaltung

Beitrag zum Thema Immobilienrecht

Manch‘ ein Zeitgenosse macht sich unter südlicher Sonne oder anderswo Gedanken über den Verbleib seines Vermögens, wenn er selbst nicht mehr da ist. Vielfach leben Familien-angehörige oder nahe Freunde nicht mehr, die erbmäßig bedacht wurden oder werden soll-ten. Oder die einst engen und guten Beziehungen sind im Laufe der Jahre lockerer geworden oder haben sich gar gelöst. Was man  sich im Leben erarbeitet und im Rahmen der Nachlassgestaltung nach seinem Tod weitergeben will, soll in gute Hände gelangen und zu-gleich einem guten Zweck dienen. Manche denken hierbei auch an eine Schenkung, also an eine vorweg genommene Erbfolge. Viele wollen aber, dass ihr Vermögen, ihr Haus, ihre Wohnung oder ihr Bankkonto erst nach ihrem Ableben den Begünstigten zufallen soll.

Bis zum Tod wird nichts übertragen
Das Modell der Stiftung von Todes wegen bedeutet, dass erst mit dem Ableben des Erblassers sein Vermögen auf die zu gründende Stiftung übergeht. Es werden mithin bis zu seinem Ableben keinerlei Vermögenswerte auf Dritte übertragen. Dem Erblasser steht es frei, in sei-nem Testament alle Einzelheiten der zu errichtenden Stiftung zu bestimmen wie Name und Zweck, Stiftungsvermögen, Sitz und Satzung der Stiftung, Vorstand und Beirat wie auch das maßgebliche Recht der Stiftung. Er kann sich aber in seinem Testament auch auf wesentliche Punkte beschränken und Testamentsvollstreckung anordnen. Alle vorgenannten Einzel-heiten kann er mithin im Rahmen einer Auflage dem Testamentsvollstrecker überlassen. Dieser müsste jedoch in seinem Testament bestimmt werden. Jeder Erblasser sollte auch in seinem Testament bestimmen, welche Art der Stiftung errichtet werden soll, die rechtlich selbständige und die rechtlich unselbständige Stiftung.

Die rechtlich selbständige Stiftung
Die rechtlich selbständige Stiftung bedarf grundsätzlich der Gründung in notarieller Form und der Genehmigung durch die zuständige Behörde. Das ist so nach deutschem Recht als auch nach spanischem Recht. Bei der EU-Kommission ist gegenwärtig die Europäische Stiftung in Arbeit, die ein einheitliches Modell für sämtliche EU-Staaten werden soll. Die Stiftung von Todes wegen ist in den §§ 83 ff. des deutschen BGB geregelt. Sie gilt für Zuwendungen des Erblassers als schon vor dessen Tod entstanden, wenn die Anerkennung der Stiftung erst nach dem Ableben des Stifters erfolgt. Die rechtlich selbständige Stiftung ist sowohl nach deutschem als auch nach spanischem Recht (Art. 35 Código Civil) eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Stiftungen tragen häufig den Namen des Stifters. Ihr Zweck wird vom Stifter bestimmt. Der vorgesehene Sitz der Stiftung bestimmt in der Regel auch das für diese anwendbare Recht.

Die Spanier haben ein eigenes Stiftungsgesetz Nr. 30/1994, das im Jahre 2002 durch die Gesetze 49 und 50 novelliert wurde. Es gibt die für die Errichtung einer Stiftung nach spani-schem Recht die rechtlichen und steuerlichen Maßstäbe vor. Der Zweck der Stiftung muss nach spanischem Recht gemeinnütziger Natur sein. Ziele sind unter anderem die Völkerverständigung, der Schutz der Menschenrechte, Kultur, Erziehung, Tier- und Umweltschutz. Entscheidend für die Anerkennung der Stiftung ist, dass der Stiftungszweck einen unbe-stimmten Personenkreis begünstigt und Leistungen zumindest einer Minderheit zugute kommen. Diese Minderheit darf jedoch nicht aus dem Ehegatten des Stifters oder Personen mit ähnlicher Beziehung oder Angehörigen bis zum vierten Grad bestehen; sie dürfen auch nicht Mitglieder des Verwaltungsorgans (Patronat) sein. Der Stiftungsvorstand ist nach spa-nischem Recht ehrenamtlich tätig. Die Stiftung muss auch ihren Sitz in Spanien haben.
 
Das deutsche Stiftungsrecht erlaubt es, dass die Vorstände ehrenamtlich oder gegen Vergütung tätig wie auch wer die Höhe einer etwaigen Vergütung bestimmt. Nach deutschem Recht kann die Satzung Begünstigte festlegen. Begünstigte können Familienmitglieder sein, denen Mitwirkungs- und Verwaltungsrechte bei der Stiftung eingeräumt werden können.

Die rechtlich unselbständige Stiftung
Erblasser, die ihr Vermögen oder Teile hiervon einer bereits bestehenden Stiftung zukommen lassen wollen, brauchen selbst zu Lebzeiten keine eigene Stiftung zu gründen. Sie können etwa letztwillig im Rahmen einer Auflage anordnen, dass erst nach ihrem Tod eine vom Testator bestimmte Person, ein von ihnen ernannter Testamentsvollstrecker, das Vermögen in einen Stiftungsträger einbringt, zum Beispiel in die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz mit Sitz in Bonn. Dem Testamentsvollstrecker kann die Auflage gemacht werden, eine un-selbständige, steuerbefreite Stiftung zu errichten und das nach Abzug aller Verbindlichkeiten und Kosten verbleibende Nachlassvermögen in die Stiftung einzubringen. Der Stiftungsträger ist hierbei zu verpflichten, die Stiftung auf Dauer getrennt von seinem eigenen Vermögen zu verwalten. Es kann vom Erblasser auch angeordnet werden, dass das Stiftungsvermögen für ein bestimmtes Denkmal oder für Einzelmaßnahmen verwendet werden soll.


Neben der Stiftung kann auch im selben Testament ein Vorausvermächtnis zugunsten von Angehörigen oder Freunden  hinsichtlich einzelner Vermögensgegenstände errichtet werden. Zum Beispiel kann dem letztwillig Begünstigten ein lebenslanges Wohnrecht an der Immobilie eingeräumt werden, die als Eigentum an die Stiftung übergehen soll. Wer sich zu Lebzeiten seines Vermögens nicht entledigen will, kann mithin ohne Mühen oder Risiken letztwillig bestimmen, dass nach seinem Ableben sein Vermögen im Rahmen einer unselbständigen Stiftung einem bestimmten guten Zweck bei einem gemeinnützigen Stiftungsträger dienen soll. Zudem ist die Einbringung von Vermögen in eine gemeinnützige Stiftung von  der Erb-schaftsteuer befreit.

Das OLG München hatte in seinem Beschluss vom 28.05.2014 (Az: 31Wx 144/13) die Kombination der Auflagen „Wohnrecht“ und „posthume Errichtung einer unselbstständigen Stif-tung“ ausdrücklich als rechtlich denkbar und zulässig bestätigt. So kann letztlich eine Ge-richtsentscheidung mit seiner eigenen Historie als Modell für viele dienen, die über ihr Ver-mögen letztwillig verfügen wollen, jedoch den Vermögensübergang erst nach ihrem Ableben durchführen lassen wollen und hierbei die Gemeinnützigkeit im Auge haben.

Stiftung bei erbenlosem Nachlass
Manch ein künftiger Erblasser stellt fest, dass er allein übrig bleibt und keine gesetzlichen Erben oder solche, die testamentarisch eingesetzt waren, mehr vorhanden sind. In jedem Falle ist letzter gesetzlicher Erbe des Vermögens der Staat. Nach dem Inkrafttreten der EU-Erbverordnung im August 2015 fallen Immobilien bei erbenlosem Nachlass dem Belegen-heitsstaate zu, also spanische Grundstücke dem spanischen Staat, deutsche Grundstücke der Bundesrepublik Deutschland (Art. 33 EU-Erb-VO). So wurde der spanische Staat letztlich gesetzlicher Erbe eines in Spanien belegenen Grundstücks. Dies ist der Fall, wenn keine Erben der vierten oder früheren Ordnungen mehr vorhanden sind.

Dem Problem des so genannten „erbenlosen Nachlasses“, bei dem sich der Staat das Erb-vermögen aneignen darf, kann durch eine letztwillige Verfügung begegnet werden. Der Ein-zelne kann testamentarisch sein Vermögen beispielsweise einer Stiftung von Todes wegen zuwenden. Das bedeutet, dass der Erblasser bis zu seinem Ableben Vollinhaber seines Vermögens bleibt, dieses aber danach rechtlich auf die Stiftung übergeht. Hierbei handelt es sich um eine eigene Rechtsperson. Diese wird nach seinem Tod aufgrund der testamentari-schen Verfügung als rechtliche selbständige oder unselbständige Stiftung gegründet, kann seinen Namen tragen und den Zwecken dienen, die der Erblasser bestimmt.

Man sieht, dass es rechtliche Möglichkeiten gibt, sein Lebenswerk, vielfach eben sein Ver-mögen, nicht anonym dem Staate zukommen und von diesem verwerten zu lassen, sondern dieses in der Rechtsform der Stiftung von Todes wegen besonderen Zwecken zu widmen. Die Gestaltung letztwilliger Verfügungen, die eine Stiftung von Todes wegen vorsehen, bedarf besonderer Fachkenntnisse und sollte nur Anwälten anvertraut werden, die sich in dieser Materie gut auskennen.

Frankfurt am Main und Köln im November 2014

Dr. Alexander Steinmetz, Jan Löber, Rocío García Alcázar

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