Es geht um einen Sachverhalt, wie er sich in der Praxis hundert-, wenn nicht tausendfach ereignet: Beim Erwerb einer spanischen Immobilie hatte man sich vor Jahren aus steuerlichen Gründen dazu entschlossen, eine spanische GmbH mit einem niedrigen Stammkapital von 3.000 EUR zu gründen. Die Immobilie wurde schon bei Gründung als Sacheinlage eingebracht oder anschließend durch die neu gegründete SL käuflich erworben. Der Firmeninhaber- und Geschäftsführer hat sich anschließend über Jahre hinweg nicht um die Erfüllung handelsrechtlicher und steuerlicher Pflichten gekümmert. Die Folgen dieser Versäumnisse erfährt der Firmeninhaber häufig erst dann, wenn es um die Veräußerung der Immobilie oder ggf. der Immobilien SL selbst geht. Hier ist von Interesse, wie sich ein sog. „cierre registral“, eine Sperre des Handelsregisters (HR) auswirkt.
Was passiert bei einer Handelsregistersperre?
Werden bestimmte gesetzliche Vorschriften nicht beachtet, sieht das Gesetz einen „cierre registral“ vor. Dieser bewirkt, dass keine oder nur noch bestimmte, vom Gesetz von der Eintragungssperre ausgenommene Umstände eintragungsfähig sind. Rechtsfolge ist also, dass mit dem Zeitpunkt der Sperre das Handelsregister keine Gewähr mehr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Eintragungen bietet. Dies hat erhebliche Bedeutung gerade für den besonders praxisrelevanten Fall einer beabsichtigten Immobilienveräußerung: Die SL wird bei der Veräußerung der Immobilie grundsätzlich durch den oder die bestellten Geschäftsführer vertreten, die als Verwaltungs- bzw. Vertretungsorgane für sie handeln (Art. 209 des neuen spanischen Kapitalgesellschaftsgesetzes (königliches Gesetzesdekret Nr. 1/2010 über Kapitalgesellschaften). Das „HR“ (Handelsregister) schützt den Käufer, der sich nach Art 7 der HR-Verordnung (HRVO, Königl. Gesetzesdekret 1784/1996) grundsätzlich auf den Inhalt des HR verlassen darf. Im Normalfall kann der Käufer also mit gutem Gewissen und Glauben von dem im Namen der SL auftretenden Geschäftsführer die Immobilie erwerben, da dieser aus dem Handelsregister als vertretungsbefugt hervorgeht. Diesem Vertrauen in die Richtigkeit des Handelsregisters nach Art. 7 der HRVO wird dann die Grundlage entzogen, wenn eine Registersperre eingetragen ist (Beschluss der Aufsichtsbehörde für Register und Notariate, „DGRN“, vom 21.09.2001, Staatsanzeiger S. 39499).
Ist beispielsweise auf Grund einer Satzungsänderung die Vertretungsform von der Einzelvertretung in Gesamtvertretung abgeändert worden, so dass zwei oder mehrere Geschäftsführer nur noch gemeinschaftlich handeln können, findet diese durchaus wichtige Änderung auf Grund der Sperre keinen Eingang mehr in das HR. Der Käufer kann sich also nicht mehr darauf verlassen, dass derjenige, der ihm gegenüber tritt, die SL wirksam vertreten kann. Auch die Bestellung eines neuen Geschäftsführers kann bei einer Registersperre nicht mehr eingetragen werden. Ist also beispielsweise Geschäftsführer A gestorben, kann der neu bestellte Geschäftsführer B nicht in das HR eingetragen werden. Dies hat zur Folge, dass die SL sozusagen handlungsunfähig wird. Wer gut beraten ist, wird von einem nicht in das Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer nicht oder nur unter besonderer Absicherung erwerben wollen. Die Konsequenzen können erheblich sein: Der Erwerb des Eigentums an der gekauften Immobilie scheitert, wenn sich herausstellt, dass es sich bei dem Vertreter der SL um einen „Scheingeschäftsführer“ handelte, dessen Vertretungsmacht nicht einmal mehr durch das HR verbürgt war. Das Grundbuchamt kann dann die Eintragung des Erwerbers ablehnen (so z.B. Beschl. der DGRN vom 21.09.2001). Neben der Immobilie ist u.U. auch der gezahlte Kaufpreis „futsch“, denn der Käufer hat eine Person gezahlt, die nicht einmal scheinbar berechtigt war, im Namen der SL Geld in Empfang zu nehmen. Da diese Zusammenhänge und Risiken anwaltlich beratenen Käufern bekannt sind, werden diese in der Regel von einem solchen Geschäft mit offenen Fragen eher Abstand nehmen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Registersperre die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft faktisch weitestgehend lahm legt.
Zu beachten ist dabei, dass es verschiedene Arten von HR-Sperren gibt.
Verletzung der Verpflichtung zur Hinterlegung der Jahresabschlüsse
Aus einer Verletzung der handelsrechtlichen Verpflichtung zur Hinterlegung der Jahresabschlüsse („obligación de depositar las cuentas anuales“) beim HR resultiert die HR-Sperre, die sich aus Art 378 HRVO ergibt. Ist der Jahresabschluss mehr als ein Jahr nach dem Abschluss des Geschäftsjahres noch nicht hinterlegt, ordnet Art. 378 HRVO den „Cierre Registral“ an. Diese HR-Sperre reicht zwar weit, lässt aber wenigstens noch zu, dass das HR das Ausscheiden oder die Entlassung eines Geschäftsführers vornehmen kann. Die Bestellung eines neuen Geschäftsführers kann allerdings erst dann eingetragen werden, wenn die Gründe für die Anordnung der Registersperre inzwischen weggefallen bzw. ausgeräumt sind. Der Gesetzgeber zwingt die SL also mit seinen eigenen Mitteln, ihren Hinterlegungspflichten nachzukommen und achtet auch darauf, dass diese nachträglich vollständig erfüllt werden. Sind beispielsweise gleich für mehrere Geschäftsjahre keine Jahresabschlüsse hinterlegt worden, so kann ein jüngerer Jahresabschluss (z.B. für 2009) überhaupt erst dann rechtswirksam hinterlegt und eingetragen werden, wenn zudem auch ein eventuell für ein vorheriges Geschäftsjahr (2008) noch ausstehender Abschluss ebenfalls hinterlegt wird. Die Hinterlegung des „jüngeren“ Jahresabschlusses für 2009 ist diesem Falle nicht eintragungsfähig, solange nicht auch der für 2008 vorgelegt wird, wie die Aufsichtsbehörde für Register und Notariate in ihrer Entscheidung vom 25.03.2011 (Staatsanzeiger v. 24.05.2011, Abt. III, S. 51599) klarstellt.
Registersperre auf Grund einer Anordnung der Finanzbehörde
Von der vorstehend beschriebenen Registersperre ist die Sperre auf Grund von Art. 131.2 des Körperschaftsteuergesetzes (König. Gesetzesdekret 4/2004) zu unterscheiden. Das Finanzamt kann eine sog. „baja provisional“, eine vorübergehende Abmeldung bzw. Einstellung des Unternehmens und die Eintragung dieser Verfügung in das Handelsregister anordnen und hierdurch eine vollständige Registersperre erreichen. Liegt ein solcher Fall vor, kann – im Unterschied zur oben beschriebenen Sperre - nicht einmal mehr die Entlassung eines Geschäftsführers eingetragen werden.
Die Gesellschaft wird also letztlich in beiden Fällen handlungsunfähig.
Der Praxisfall
Mit den Unterschieden zwischen der einen weitreichenden HR-Sperre nach Art. 378 HRVO und der vollständigen „steuerlichen“ Sperre hatte sich die Aufsichtsbehörde für die Register und Notariate in ihrer Entscheidung vom 01.03.2010 zu befassen (veröffentlicht im spanischen Staatsanzeiger vom 05.04.2010, Abt. III, Bl 31036 ff.).
Die „M-SL“ hatte beim zuständigen HR (Registro Mercantil) beantragt, die Eigenschaft der Ein-Personen-GmbH (Unipersonalidad), die Entlassung des alten und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers in das HR einzutragen. Der Registerführer entschied, die beantragten Eintragungen bis zur Behebung der Beanstandungen, die zu einem cierre registral führten, auszusetzen. Hiergegen legte der neue Geschäftsführer einen Rechtsbehelf ein, weshalb der Vorgang der Aufsichtsbehörde vorgelegt wurde. Diese bestätigte die Entscheidung des Handelsregisters, wenngleich die Aufsichtsbehörde darauf hinwies, dass die Aussetzung der Eintragungen einer differenzierten Begründung bedurfte:
- die auf der Verletzung der Verpflichtung zur Hinterlegung des Jahresabschlüsse beruhende HR-Sperre (Art. 378 HRVO) führt dazu, dass die Eigenschaft der Gesellschaft als „Ein-Personengesellschaft“ und die Eintragung des neuen Geschäftsführers nicht eintragungsfähig sind; sie steht allerdings einer Eintragung der Entlassung des alten Geschäftsführers nicht entgegen
- da im vorliegenden Fall die Registersperre zudem durch die zuständige Finanzbehörde nach Art. 133 des Körperschaftssteuergesetzes angeordnet wurde, konnte aber auch die Entlassung des Geschäftsführers nicht mehr eingetragen werden.
Fazit: Wer beispielsweise die Immobilie seiner faktisch „gelähmten“ Immobilien-SL veräußern möchte, kommt letztlich nur dadurch weiter, dass er die in der Vergangenheit begangenen Versäumnisse nachträglich fachkundig aufarbeiten lässt. Wer aufgelaufene Probleme in Zeiten einer Immobilienflaute ausräumt, kann dann, wenn sich der Markt erholt hat, zum Verkauf übergehen und muss nicht erst anfangen, schwierige rechtliche Probleme anzugehen.
Frankfurt, den 19.08.2011
Dr. Alexander Steinmetz, Mag.iur., Rechtsanwalt und Dr. Burckhardt Löber, Rechtsanwalt & Abogado