Hohe Freibeträge bei Erbschaften und Immobilienverkäufen
Von Dr. Burckhardt Löber, Fernando Lozano und Dr. Alexander Steinmetz
Wer vom Schicksal als Schwerbeschädigter hart getroffen ist, für den haben die Gesellschaft und ihre Steuergesetzgebung Vergünstigungen geschaffen. Gewissermaßen als Ausgleich für alltäglich erlittene Nachteile gegenüber „gesunden“ Mitbürgern. Ein moderner Sozialstaat wie Spanien erkennt als EU-Mitgliedsstaat ausländische Qualifikationen der Schwerbeschädigung an. Dies gilt insbesondere für die Versteuerung von Erbschaften wie auch für den Verkauf von Immobilien.
Bei Schenkungen und Erbschaften gelten steuerliche Vergünstigungen ab 33 % der Erwerbsbehinderung. Beläuft sich die Schwerbeschädigung auf bis 65 %, so beträgt der Freibetrag 47.858,59 Euro. Dieser Betrag steigert sich auf Euro 150.253,03 in Fällen der Schwerbehinderung mit einem Satz von 65 und mehr Prozent (Artikel 20.2 der Ausführungsverordnung zur spanischen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz).
Sonderregelungen gelten für einzelne autonome Gemeinschaften, beispielsweise der Valencianer Gemeinschaft, die in den vor genannten Fällen Freibeträge von 120.000,-- bzw. 240.000,-- Euro aufweist.
Ein Beispielsfall:
Ein Deutscher mit einer anerkannten und ausgewiesenen Schwerbeschädigung von mehr 65 % erbt von seinem Vater eine Spanien-Immobilie mit einem Verkaufswert von 160.000,-- Euro. Die spanische Erbschaftsteuer würde unter Hinzurechnung des im Haus befindlichen Inventars (3 %, in diesem Fall also 4.800 €) für den so genannten Normalverbrauch, ca. 21045 € betragen. Wer, wie im Beispielsfall eine Schwerbeschädigung von mehr als 65 % nachweisen kann, erwirbt die ererbte Immobilie unter Berücksichtigung des hier vorliegenden Verwandtschaftsverhältnisses und dem Freibetrag von 15.956,87,- Euro erbschaftsteuerfrei. Zum Nachweis der im Ausland anerkannten Schwerbeschädigung ist einmal eine mit Apostille versehene Schwerbeschädigtenbescheinigung wie auch deren beglaubigte Übersetzung in die spanische Sprache erforderlich.
Auch bei dem Verkauf von Immobilien durch residente Ausländer genießen Schwerbeschädigte ganz erhebliche steuerliche Vorteile. Gemäß Artikel 33.4 b) des spanischen Einkommensteuergesetzes wird keine Einkommensteuer erhoben für den beim Verkauf der ständigen Wohnstätte (vivienda habitual), auch wenn der Schwerbeschädigte das Alter von 65 Jahren noch nicht erreicht hat. Allerdings gilt diese Regelung nur für in Spanien ansässige Schwerbeschädigte. Es gibt ein Verfahren gegen Spanien wegen Ungleichbehandlung von EU-Bürgern ohne Residenz in Spanien.
Beispiel: Ein 50jähriger Österreicher mit ständigem Wohnsitz in Spanien verkauft seine Eigentumswohnung auf Mallorca, die zugleich seine ständige Wohnstätte bildet. Er erhält Steuerfreiheit auf den erzielten Zugewinn (ganancia patrimonial). Während „gesunde“ Mitglieder der Gesellschaft 21 % und mehr an spanischer Einkommensteuer (IRPF) zahlen müssen, besteht für den Fall der erheblichen Schwerbeschädigung Einkommensteuerfreiheit. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betreffende in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ein Wehrmutstropfen: Die gemeindliche Wertzuwachssteuer („plusvalía“) ist gnadenlos; sie kennt keine Ausnahmen für Schwerbeschädigte.
Was sich hier so leicht und problemlos anhört, ist jedoch tatsächlich in der Regel ein ganz erheblicher Papierkrieg gegen die spanische „burocracia“; denn diese tanzt nicht unbedingt nach der Regie der hier Betroffenen und Anspruchsteller. Erst professionelle juristische und sprachliche Kenntnisse und die entsprechende nachhaltige Verfolgung der Interessen des Schwerbeschädigten öffnen hier die Tür der Steuerverwaltung. Die kosten etwas, führen aber in aller Regel zum Erfolg und stellen Minimalpositionen dar im Vergleich zu dem erzielten steuerlichen Ergebnis.
Frankfurt am Main/Dénia/Valencia, im Januar 2013