Im deutsch-spanischen Rechtsverkehr spielt der von deutschen Nachlassgerichten ausgestellte Erbschein deshalb eine große Rolle, weil er auch in Spanien amtliche Grundlage dafür ist, wer Erbe oder Miterbe eines deutschen Erblassers ist. Nach dem übereinstimmenden internationalen Erbrecht beider Länder ist das Heimatrecht des Erblassers maßgeblich für die Rechtsnachfolge. Ist der Erblasser Spanier, so wird grundsätzlich sein im In- und Ausland belegenes Vermögen nach spanischem Recht vererbt; bei deutschen Erblassern gilt das deutsche Erbrecht auch für in Spanien belegenes Vermögen.
Welche Urkunden sind erforderlich?
Ist der Erblasser Deutscher, so ist der Erbschein von dem oder den Erben beim zuständigen deutschen Nachlassgericht zu beantragen und zwar aufgrund einer notariellen oder konsularischen Erbscheinsverhandlung. Bei dieser müssen unter anderem folgende Urkunden vorgelegt werden:
- Nationale oder internationale Sterbeurkunde
- Stamm- oder Familienbücher, aus denen sich der antragstellende Erbe oder Miterbe ergibt
- Eventuell weitere Urkunden im Zusammenhang mit dem Nachlass
Das Nachlassgericht stellt nach Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Situation einen Erbschein aus. Für den Erbschein gilt die Vermutung der Richtigkeit.
Das hört sich im Gesetzeswortlaut (§ 2365 BGB) wie folgt an:
„Es wird vermutet, dass demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem Erbschein angegebene Erbrecht zusteht und dass er nicht durch andere als die angegebenen Anordnungen beschränkt sei“.
Der Erbschein genießt öffentlichen Glauben; dies bedeutet, dass derjenige, der von dem im Erbschein näher bezeichneten Erben einen Gegenstand erwirbt, in seinem guten Glauben geschützt wird. In gleicher Weise werden auch diejenigen geschützt, die Leistungen an den Erbscheinserben erbringen, also etwa ein vom Erblasser gewährtes Darlehen an den Erbscheinserben zurückerstatten.
Der Erbschein dient in gleicher Weise auch zur Umschreibung von in Spanien belegenem Grundbesitz des Erblassers oder zur Legitimation des Erben beispielsweise bei Banken, bei denen der Erblasser Konten unterhielt.
Das Erbschaftsprocedere
Nach Erhalt einer oder mehrerer Ausfertigungen des Erbscheins ist folgendes Procedere seitens des oder der Erben erforderlich, um an die in Spanien belegenen Vermögenswerte des Erblassers heranzukommen:
- Die Ausfertigung des Erbscheins muss mit der Apostille versehen werden.
- Es ist eine beglaubigte Übersetzung des Erbscheins in die spanische Sprache zu fertigen.
- Es ist eine internationale Sterbeurkunde zu beantragen, die das zuständige deutsche Standesamt ausstellt.
- Es muss eine Negativbescheinigung des spanischen Zentralen Nachlassregisters (Registro de Actos de Ùltima Voluntad) angefordert werden.
- Aufgrund vorgenannter Unterlagen ist bei einer spanischen Urkundsperson, also einem Notar oder einem Konsul, die sogenannte Erbschaftsannahmeerklärung hinsichtlich des in Spanien belegenen Vermögens zu Protokoll zu geben (Escritura Pública de Aceptación y de Adjudicación de Herencia).
- Sodann ist die Erbschaftsteuererklärung hinsichtlich des in Spanien belegenen Nachlasses vor der zuständigen spanischen Steuerbehörde (Delegación de Hacienda) abzugeben. Hierbei ist die Sechs-Monatsfrist zu beachten. Bei der Erbschaftsteuer ist zu beachten, dass es insoweit kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Spanien gibt, die tatsächlich gezahlte spanische Erbschaftsteuer jedoch in Deutschland angerechnet werden kann.
- Aufgrund der vorgenannten Angaben (also Mitteilung über die Gegenstände des in Spanien belegenen Nachlasses) ist die entsprechende Erbschaftsteuer in Spanien zu entrichten.
Die vor einer spanischen Urkundsperson errichtete Erbschaftsannahmeerklärung nebst den oben genannten Unterlagen ist den zuständigen Behörden (z.B. Grundbuchamt zwecks Umschreibung) oder privaten Institutionen (Banken mit Konten des Erblassers) vorzulegen, damit der oder die Erben die Rechtsnachfolge des Erblassers antreten können.
Ist der Erblasser ein Ausländer und verfügt er über Vermögen in Deutschland, so wird lediglich ein gegenständlich beschränkter Erbschein erteilt. Dieser gilt nur für die Rechtsnachfolge von in Deutschland belegenem Vermögen des Erblassers. Ist etwa eine Deutsche mit einem ausländischen Ehemann verheiratet und verstirbt dieser unter Hinterlassung von in Spanien belegenem Vermögen, so bedarf es zwecks Umschreibung des spanischen Grundbesitzes eines besonderen Verfahrens vor spanischen Gerichten. Wichtig ist stets die Beachtung der Sechs-Monatsfrist der Erbschaftsteuererklärung in Spanien. Wird diese Frist versäumt, werden Säumniszuschläge in nicht unerheblichem Umfang fällig.
Rechtzeitig Vorsorge treffen
In vielen Fällen kann es ratsam sein, Vermögensverfügungen bereits zu Lebzeiten
-„mit warmer Hand“- durchzuführen; auch kann es sich empfehlen, zugunsten von Vertrauenspersonen Vollmachten in öffentlicher Form zu erstellen, aufgrund derer Verfügungen zulässig sind. Hat der Erblasser insoweit nicht vorgesorgt, sind die oben näher bezeichneten Formalitäten notwendig, damit seine Erben die Rechtsnachfolge antreten können.
Frankfurt am Main, im April 2005
Dr. Burckhardt Löber
Der Verfasser ist Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, Abogado in Valencia und zugleich Ko-Autor von „Erben und Vererben in Spanien“, ISBN: 3-921326-49-4, Euro 38,00,-