Wer bestimmt den Bestattungsort?
Von Dr. Burckhardt Löber
Streitigkeiten nach dem Tod eines Menschen haben zumeist einen finanziellen Hintergrund. Meinungsverschiedenheiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern führen häufig zu Prozessen. Aber nicht immer geht es um das liebe Geld.
So der Streit um den Bestattungsort eines verstorbenen bayrischen Katholiken, der mit einer Türkin verheiratet war. Der Wunsch der Witwe war, die Bestattung auf dem Friedhof ihres türkischen Heimatdorfs durchzuführen, wo auch sie im gleichen Grab bestattet werden will. Demgegenüber bestand die Mutter ihres verstorbenen Sohnes auf einer Bestattung im bayrischen Familiengrab. Die Aussagen über den vom Verstorbenen gewünschten Bestattungsort widersprachen sich. Der Münchener Amtsrichter bemühte Gesetzesbücher vergeblich, denn das Recht der Totenfürsorge ist gesetzlich nicht geregelt.
Auch wo es keine Gesetze gibt, muss kein rechtsfreier Raum sein. Für diese Fälle gibt es in der Regel Rechtsprechung. Danach ist in Fällen der Totenfürsorge der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Verstorbenen zu berücksichtigen. Ist dieser aber nicht eindeutig vorhanden oder mehrdeutig, liegt die Bestimmung des Bestattungsortes bei den nächsten Verwandten. Vorrangig in Fragen der Totenfürsorge ist der Wille des überlebenden Ehegatten. Der Anspruch der Mutter des Verstorbenen dagegen ist zweitrangig. Hierbei spielt es nach Ansicht des Gerichts keine Rolle, dass der Begräbnisort in der Türkei, für die Mutter schwer oder gar nicht zu erreichen, ist. Ob man bei Feuerbestattungen einverständlich den Inhalt der Urne unter Witwe und Mutter aufteilen darf, stand nicht zur Debatte. Dies hätte sowohl seiner turkophilen Einstellung als auch seiner bayrischen Wurzeln Rechnung getragen. Das Urteil des Münchener Gerichts lautete: Bestattungsort Türkei und nicht Bayern (Az: 171 c 12772/15).
Insbesondere wer in einer gemischt-nationalen Ehe lebt, sollte testamentarisch Vorsorge treffen, die sich nicht nur auf den Bestattungsort bezieht, sondern auch auf die Art und Weise der Bestattung, also Erd- oder Feuerbestattung. Das Urteil bezog sich zwar auf die Türkei, es kann jedoch auch Bedeutung haben für Sterbefälle in deutsch-spanischen Ehen haben.
Schon seit dem Mittelalter sind in letztwilligen Verfügungen Bestimmungen über den Leichenschmaus nicht unüblich, also Regeln über das Menü und die Auswahl der Getränke. Das alles natürlich auf Kosten des Nachlasses. Für den Verstorbenen selbst stellt sich nicht mehr die Frage, wie man sich als bayrischer Katholik im eher muslimischen Umfeld in der Türkei, seiner letzten Ruhestätte fühlt. Man kann jedoch testamentarisch Vorsorge treffen, um Gefühle der ihren Sohn überlebenden Mutter nicht zu verletzen.
Frankfurt, im Juni 2018